Magendrehung
Zunächst sollten Sie einige Punkte zur
Anatomie des Magens und zur Situation der Entstehung der Magendrehung wissen.
Grob vereinfacht ist der Magen durch zwei wesentliche Punkte im Bauchraum
fixiert. Die Speiseröhre tritt von vorne durch das Zwerchfell und mündet kurz
hinter diesem in den Magen. Auf der anderen Seite geht der Magenausgang in den
ersten Abschnitt des Dünndarms, den 12- Fingerdarm, über. Dabei stellt der
Magen sich nicht als schlauch- oder kugelförmiges Gebilde dar, sondern eher als
ein asymmetrischer Beutel mit einer großen und einer kleinen Krümmung.
Liegt der Magen in normaler Position,
befindet sich der vordere und obere Anteil unter den hinteren Rippen auf der
linken Körperseite. Der hintere Teil des Magens zeigt nach hinten rechts und
unten.
Seitenansicht
Sicht von oben
Zusätzliche Bänder befestigen den Magen auch
noch an anderen Stellen im Bauchraum, wie etwa an der Leber und der Milz. Diese
Bänder sind allerdings nicht sehr straff, sondern müssen nachgiebig sein, damit
der Magen auch in unterschiedlichem Füllungszustand Bewegungsfreiheit behält.
Alle zu- und ableitenden Blutgefäße verlaufen entlang der Speiseröhre, des 12- Fingerdarms und der Aufhängebänder.
Wie kommt es zur Drehung?
Der Magen "hängt" vorwiegend durch
die Speiseröhre und den 12 -Fingerdarm fixiert wie ein Beutel im Oberbauch. Er
kann, mit der großen Krümmung nach unten weisend, an dieser Aufhängung hin und
her pendeln, was bei entsprechender Füllung mit Wasser oder Futter noch
begünstigt wird. Führt der Hund dann Bewegungen aus, die das Pendeln
verstärken, kann es zu einem Umschlagen des Magens um seine Längsachse kommen.
Besonders gefährlich sind Bewegungen des Hundes, die nach vorwärts und
unten gerichtet sind und dann plötzlich abgebremst werden, z. B. Herunterlaufen
eines Hanges oder einer Treppe, Herunterspringen oder Überspringen von
Hindernissen.
Welche Tiere sind besonders gefährdet?
Alle größeren Hunde mit einem tiefen und
breiten Brustkorb haben eine große Bewegungsfreiheit des Magens. Besonders
Hunde mit weichem und lockerem Bindegewebe haben oft keine straffen
Magenbänder, die ihn gut in Position halten könnten. Tiere, die gerade gefressen oder größere Wassermengen
getrunken haben, erhalten dadurch günstige Bedingungen, die das Pendeln des
Magens verstärken. Besonders lebhafte Bewegungen der Hunde nach der Fütterung
oder nach der Aufnahme größerer Wassermengen sind gefährlich. Schwer
verdauliches Futter, das aus größeren Stücken besteht, leicht gärendes Futter
und sehr große Futterportionen verstärken das Risiko einer Magendrehung. Die
Tiere, die bereits eine Magendrehung gehabt haben und bei denen der Magen nicht
operativ fixiert worden ist, weisen eine Wiederholungsrate von über 80% auf !!!
Aber auch Verdauungsstörungen, Magen-
Darmentzündungen mit Erbrechen und Durchfall, Entleerungsstörungen des Magens,
können eine Magendrehung verursachen. Die oben aufgeführten Tiere und Umstände
stellen besondere Gefahrenursachen dar. Es kommen allerdings auch
Magendrehungen bei kaum gefülltem Magen vor, sowie bei kleinen Hunden, sogar
bei Welpen oder Katzen.
Was passiert, wenn der Magen gedreht ist?
a)
Selbst kleine Futtermengen entwickeln beim
Verdauungsvorgang im Magen Gase. Diese werden normalerweise entweder über die
Speiseröhre oder den Darm abgeleitet. Sind sowohl die Speiseröhre als auch der
Darm durch die Drehung zugeschnürt,sammelt sich das
Gas im Magen und bläht ihn auf (bis zum Zerreißen der Magenwand)!
b)
Der aufgegaste Magen drückt auf das
Zwerchfell. Die Atmung und die Herzaktion wird beeinträchtigt. Ferner drückt er
auch große Blutgefäße im Bauchraum ab (Aorta, große Hohlvene).
c)
Die zu- und ableitenden Blutgefäße des
Magens werden bei der Drehung und durch die Aufgasung abgeklemmt.
Stoffwechselprodukte und CO 2 werden nicht abtransportiert, neues, sauerstoff-
und nährstoffreiches Blut kann nicht zum Magen gelangen. Gewebe wird schwer
geschädigt und kann absterben. Die Magenwand wird "undicht" und zunächst
kleinere, dann größere Mengen Mageninhalt gelangen in die Bauchhöhle
(Bauchfellentzündung).
d)
Die Milz, die mit einem Band am Magen
befestigt ist, wird immer mit gedreht. Die weicheren Venenwände werden zuerst
abgedrückt. Blut kann nicht mehr aus dem Organ abfließen, arterielles Blut kann
aber noch einströmen. Schwerste Stauungserscheinungen entstehen:
1.)
Das Milzgewebe wird geschädigt und kann
zugrunde gehen.
2.) Große Blutmengen werden in dem Organ
zurückgehalten und stehen dem Kreislauf nicht mehr zur Verfügung.
e)
Es entstehen aus den oben genannten
Gründen sehr schnell lebensbedrohliche Kreislaufstörungen und
Herzbelastungen, die zum Kreislaufschock führen.
f)
Panikartige Unruhe und starke Schmerzen
verschlechtern zudem die sowieso schon schlechte Situation.
Anzeichen einer Magendrehung:
Der Moment der Drehung des Magens verursacht
dem Hund einen kurzen Schmerz, der ihn meistens mitten in einer Bewegung zu
einem kurzen Aufjaulen veranlasst. Danach laufen sie meistens relativ
vorsichtig mit eingezogenem Bauch und aufgekrümmtem Rücken unruhig hin und her.
Sie legen sich kurzfristig hin, um aber gleich wieder aufzustehen. Nach kurzer
Zeit schon versuchen sie zu erbrechen (Pumpen, Würgen) allerdings ohne Erfolg,
da die Speiseröhre zugeschnürt ist. Dieser Vorgang kann sich mehrfach
wiederholen. Wenn die Hunde in diesem Zustand noch etwas trinken,
"erbrechen" sie das Wasser innerhalb kürzester Zeit. Die Aufgasung
des Magens erfolgt nun mehr oder weniger schnell (Minuten bis Stunden), und
kann von außen her gesehen und gefühlt werden. Der vordere Teil des Bauchraumes
und zunehmend auch der hintere Abschnitt wird immer dicker. Die Tiere sehen,
förmlich aufgeblasen aus. Klopft oder schnippt man mit dem Finger auf den
prallen Bauch und die letzten, hinteren Rippen, klingt es hohl, wie bei einer
Trommel.
Die sich zusehends verschlechternde
Kreislaufsituation ist äußerlich zunächst durch starke Unruhe gekennzeichnet,
die bei weiterem Fortschreiten des Krankheitsbildes in Apathie umschlägt. Die
Tiere atmen hechelnd, die Atmung wird immer angestrengter. Z. T. stöhnen die
Tiere vor Schmerzen. Der Puls wird sehr schnell und z.T. so flach, dass er kaum
noch zu fühlen ist. Die sichtbaren Schleimhäute werden zuerst hellrosa, später
fast weiß. Das Krankheitsbild kann sich so schnell entwickeln, dass
dramatische, lebensbedrohliche Zustände innerhalb von 30 - 60 Minuten erreicht
werden, und die Tiere bereits nach dieser Zeit nicht mehr gehen oder stehen
können. Erfolgt keine rasche Hilfe sterben die Tiere in kürzester Zeit.
Was ist zu tun?
Wenn Sie auch nur den Verdacht haben, dass
Ihr Hund eine Magendrehung haben könnte, verschwenden Sie keine Zeit !!!
Rufen Sie sofort Ihren Tierarzt an, damit in
der Praxis vorbereitende Maßnahmen ergriffen werden können und keine wertvolle
Zeit verloren geht. Wenn Sie wissen, dass die Praxis geöffnet ist, fahren Sie
sofort los und beauftragen Sie eine andere Person mit dem Telefonanruf. Es kann
jede Minute wertvoll sein und über Leben und Tod des Tieres entscheiden.
Versuchen Sie Ihren Hund zu beruhigen, damit
er sich nicht noch mehr aufregt.
Was können Sie tun, wenn kein Tierarzt
erreichbar ist?
Geraten Sie in Panik und werden Sie kopflos,
funktioniert gar nichts mehr!
Wenn Sie bedenken, dass die dramatische
Situation nur dadurch entstehen kann, dass der Magen sich stark aufbläht,
wissen Sie auch, was zu tun ist:
Das Gas muss aus dem Magen raus. Auf
natürlichem Wege geht es nicht, also müssen Sie punktieren.
Das heißt: Sie müssen von außen eine möglichst
dicke Hohlnadel in den Magen stechen, damit das Gas durch diese entweichen
kann. Sprechen Sie mit Ihrem Tierarzt, damit er sie mit dem entsprechenden
Instrumentarium ausrüstet und Sie damit vertraut macht. Der Hund wird zur
Punktion auf die Seite gelegt und sollte von einer Hilfsperson festgehalten
werden, damit er nicht aufspringt. Nachdem der Magen sich in beide Richtungen
und unterschiedlich weit drehen kann, müssen Sie die richtige Seite
herausfinden, von der Sie punktieren wollen. Beklopfen Sie die Stelle hinter
den letzten Rippen auf der rechten und linken Körperseite, und finden Sie
heraus, auf welcher Seite es mehr hohl klingt. Diese Seite wird dann nach oben
gelegt und von dieser Seite punktieren Sie dann. Sofern Sie eine Schere und
Desinfektionslösungen zur Hand haben, schneiden Sie an der Stelle, an der Sie
punktieren wollen die Haare weg und desinfizieren Sie die Haut. Vergewissern
Sie sich vor der Punktion noch einmal durch Beklopfen, ob es auch hohl klingt.
Seitenlage:
damit Futterbestandteile nach unten sinken
und das Gas sich oben sammeln kann.
Lage der Punktionsstelle:
ca. in der Mitte zwischen Rücken und Bauch, 4-
5 cm hinter der letzten tastbaren Rippe an dieser Stelle.
Sie müssen schnell und beherzt zustechen und
die Hohlnadel dabei tief genug einführen (beim DSH zwischen 6 und 10 cm
gefahrlos). Verursachen Sie dem Hund nicht durch verzagtes Bohren und Stochern
unnötige Schmerzen. Überprüfen Sie, ob aus der Hohlnadel auch Gas entweicht.
Sollte das nicht der Fall sein, könnten sich Futterbestandteile vor die Öffnung
gelegt haben oder Sie haben die Nadel nicht tief genug eingeführt und stecken
noch in der Bauchdecke oder der Magenwand. Bei stark aufgeblähtem Magen
befindet sich die Nadelspitze bereits nach 3- 4 cm im Mageninneren: Ziehen Sie
in einer etwas größeren Injektionsspritze Luft auf und blasen Sie sie dann in
den Magen. Damit entfernen Sie Futterbestandteile oder Gewebeteile, welche die
Hohlnadel verschließen. Versuchen Sie, soviel Gas wie möglich abzulassen.
Verhält der Hund sich ruhig und wird auch auf dem Transport festgehalten, kann
man die Hohlnadel auf dem Transport in dieser Position belassen.
Durch die Punktion verschaffen Sie dem Hund Erleichterung und Sie
gewinnen Zeit. Eine Punktion ersetzt auf gar keinen Fall den Tierarztbesuch!!!
Sollte der Transport zum Tierarzt sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, müssen Sie
die Punktion u.U. wiederholen, wenn Sie die Nadel nicht stecken lassen können
da der Magen ja weiterhin aufgast. |